Mitt-Bot - The Missing Link

Die SZ hat einen Artikel über Mitt Romney veröffentlicht. Der Artikel ist hervorragend geschrieben, informativ und ich hatte - vor dem Artikel - nicht den Hauch einer Ahnung von dem, was dort mitgeteilt wird.

Es geht - nur am Rande - um Mitt Romney, dessen soziale Fähigkeiten zwischen einem Roboter und einem Aspi eingeordnet werden können. In dem Artikel (den ich hier wegen LSR nicht verlinke) "Obama-Herausforderer Mitt Romney - Sympathisch wie ein Cyborg" wird über allerlei skurriles und merkwürdiges über Romney berichtet. Allerdings ohne jede Quellenangabe. Lediglich die "Vanity Fair" und die "NY Times" wird erwähnt - allerdings auch ohne Link.

Am liebsten würde ich ja diesen Artikel nehmen, sämtliche Skurrilitäten mit der Quelle verlinken und den als "gefixte Version" veröffentlichen - was aber wohl verboten sein dürfte, also lass ich es lieber. Nichts desto trotz hab ich mich mal auf die Suche begeben und die Quellen gefunden, die ich hier mal verlinken möchte:

Ich denke, die Hauptquelle des Artikels ist Who in God’s Name Is Mitt Romney? im NY Magazine. Im Grossen und Ganzen steht dort alles, was auch im SZ Artikel steht. Die SZ hat den Artikel nicht nur einfach übersetzt, sondern sich durchaus Mühe gemacht - wie gesagt, der SZ Artikel an sich ist gut. Aber eine Quellenangabe würde ihn adeln.

The Retooled, Loose Romney, Guessing Voters’ Age and Ethnicity in der NY Times ist der nächste Link. Im Grunde die zweite Hauptquelle, würde ich sagen. Zum Beispiel die Nummer mit dem "Sie sind Frankokanadier?", die Marotte, das Alter seines Gegenübers zu raten oder jemandem wegen irgendeines Schmarrns zu gratulieren - all das findet sich hier.

Die Sache mit dem Roboter, wonach Mitt Romney von "ostdeutschen Wissenschaftlern" konstruiert worden sei, findet sich in Remember when Jennifer Rubin said Romneycare rendered Romney all but unelectable? im Blog "Legal Insurrection". Das ist nicht die Primärquelle, dort wird nur darüber berichtet, gesagt hat das ein Jonah Goldberg in einem Video.

Tatsächlich findet sich auch in der Vainity Fair ein Artikel über Romney: Why the Mitt Romney and Donald Trump Dinner Fell Apart. Von da kommt der Kalauer mit dem "Smalltalk Plugin" und dem Zusammenhang mit einem Dinner.

Der in der SZ erwähnte "Mitt-Bot" kommt wieder aus der NY Times: Who's on America's Side? Wobei auch das nicht die Primärquelle sein dürfte, zu dem Suchbegriff zeigt Google knapp 6 Millionen Hits an. Scheint also eher ein Meme zu sein, dessen Ursprung woh eher schwierig zu lokalisieren sein dürfte, insofern sei der SZ in diesem einen Fall verziehen.

Der "Serverely Conservative" Spruch kommt vom New Yorker: The Lizza List: A “Severely Conservative” Lexicon.

Die Nummer mit dem "Ich liebe Autos" usw findet sich im DT: ‘The trees are the right height’: Evidence Mitt Romney is an alien? (u.a. dafür gibts auch mehrere Quellen).

In der NY Times gibt es eine Liste von "I like ..." Dingen, die der Songtext eines Mashups der Gregory Brothers darstellt, das sie aus Mitt Romneys dummen Sprüchen zusammen gemixt haben.Meine Lieblingsquelle aber ist die "Romnotron X2" Nummer. Und zwar weil es hierfür tatsächlich nur eine Quelle gibt. Und zwar handelt es sich um einen Kommentar in einem Huffington Post Beitrag. Hier lohnt es sich, auf die Details zu achten, denn in der SZ heisst es:

"Klar, der Romnotron X2 wurde hier zusammengebaut. Aber die Teile kommen aus China, Mexiko und Taiwan. Außer dem Haar. Das ist aus Bangladesh." (Hervorhebung von mir)

Während der HP Kommentator schrieb: "The Romnotron X2 wasn't even made in America. He was assembled here, but his parts are from China and Mexico. Except his hair, I think that's from Taiwan".

Offensichtlich hat da jemand nach tollen Sprüchen über Romney gegoogelt, und zwar nach allem, was irgendwie mit Robotern zu tun hat, ist auf diesen Kommentar gestossen, hat ihn überflogen und in den Artikel übernommen. Nur, dass nun in der SZ Taiwan neben Mexiko und China die Bauteilquelle für Romney ist und die Haare anstatt aus Bangladesh aus Taiwan kommen. Mag spitzfindig sein, aber gerade an diesem Fauxpas sieht man schön, wie man bei der SZ arbeitet.

Ach ja - und "Quelle Internet" findet sich auch in dem Artikel, bzw dort heisst es "... im Internet ...". Geradeso, als ob "Das Internet" soetwas wie Zimmer 12 in der Schulbibliothek sei, da geht man dann einfach rein und die Bibliothekarin gibt einem sogleich Einblick in eines der paar abgegriffenen Bücher aus dem einzigen Regal im Raum hinter ihr. Jedenfalls scheinen diese sogenannten "Journalisten" sich das so vorzustellen oder es so an ihre Leser verkaufen zu wollen. Denn die paar Hanseln die die gedruckte SZ tatsächlich noch lesen (und tragen können!) betrachten "Das Internet" wahrscheinlich als genau das: ein modrig riechendes Zimmer irgendwo hinter Tadschikistan angefüllt mit den geistigen Ergüssen abnormer Cretins.

Aber ich schweife ab...

Hätte nun also der besagte SZ Artikel diese Links enthalten (oder wenigstens einige davon (oder wenigstens einen davon!!einself1!)), dann wäre die Lektüre umso erheiternder gewesen. Ich hätte richtig lange richtig viel zu lesen gehabt.

Was ich aber nun eigentlich sagen wollte: der Artikel ist im Grunde in dreifacher Hinsicht ein Debakel. Es fängt damit an, dass die SZ, die ja bekanntlich einer der Lobbyisten hinter dem "Leistungsschutzrecht" ist, es unterlässt, Quellen - zumal öffentlich verfügbare - zu nennen. Während sie sich darüber echauffieren, wenn "irgendwelche Raubkopierverbrecher" im "pösen Internet" ständig deren Qualitätswerke im Ganzen (sic) raubkopieren und nicht mal den Verlag als Quelle nennen. Als ob das irgendjemand machen würde! Die SZ selber aber schert sich einen Scheissdreck um Quellenangaben. Der komplette Artikel ist randvoll mit Zitaten und Quasi-Zitaten und es gibt keinen einzigen Link. Eine Schande ist das.

Zum anderen ist das gerade deshalb eine Schande, weil praktisch alle Quellen dieses Artikels aus dem Netz stammen. Ich glaube nicht, dass der Autor des Artikels die Printausgaben der NY Times oder der Huffington Post (gibts die überhaupt als Print?) vorliegen hatte. Oh nein, der Autor hat nur gegoogelt, was ich oben anhand des Romnotrons X2 ja bewiesen habe.

Aber zum eigentlichen Debakel wird der Artikel, weil es ihn ohne das Netz gar nicht geben würde. Wären die SZ Autoren im Verlagsgebäude offline (was ich denen mal dringend empfehlen würde, so wie die immer über das Internet meckern!), dann würde es wahrscheinlich gut die Hälfte aller Artikel nicht geben. Womöglich mehr. Vielleicht wäre die SZ schon halb so dick, wenn man von der SZ aus nur Google nicht aufrufen könnte. Und diese Leute, die sich googelnd und klickend "Artikel" aus den Fingern saugen, die es ohne die Arbeit ANDERER niemals geben würde, wagen es, für sich ein "Leistungsschutzrecht" zu verlangen! Ich meine, wie ich schon erwähnte, der Artikel an sich ist Klasse, da gibts es inhaltlich nichts auszusetzen. Wenn man es aber im Lichte der Attitüde betrachtet, die Verlage wie die SZ zum Thema Internet an den Tag legen, dann kann einem nur speiübel werden.

Ein Debakel eben. Und am schlimmsten ist, dass die Zielgruppe, die den Artikel in der Printausgabe von Jetzt oder SZ letztlich lesen werden, überhaupt nicht an solcherlei Details interessiert sind.

Solche Leute, die über das Internet als Sündenpfuhl lamentieren, nur um einen Moment später bei Amazon ein Buch zu bestellen. Da rollen sich einem doch die Zehennägel auf.

#gefunden

↷ 23.07.2012