Nitrit im Regenwasser

Mit meinem neuen Becken habe ich aktuell ein ernsthaftes Problem. Ich verwende seit Jahren Regenwasser zum Wasserwechsel, ca im Verhältnis 1:1 mit Leitungswasser gemischt. Der Grund ist, dass unser Leitungswasser hier für die Aquaristik eher ungeeignete Werte hat: KH 20, GH 25 und viel SiO² drin. Auch das Regenwasser hab ich immer mal wieder gemessen, das war immer astrein. Insbesondere Nitrit war keines drin. Bis jetzt.

Das neue Becken läuft jetzt seit 3 Wochen. Ich habe seit ein Paar Tagen Garnelen drin (Neocaridina). Obwohl ich die über 5 Stunden lang aufwändig an das Wasser + Temperatur eingewöhnt hab, sind doch in den ersten Tagen Garnelen gestorben. Irgenwann kam mir das spanisch vor. Immerhin verwende ich einen eingelaufenen Filter, den hatte ich ja am Anfang mit dem kompletten Mulm eines 3 Jahre alten HMF geimpft.

Trotzdem hab ich also mal die Werte gemessen und 0.025 NO² festgestellt. Völlig unglaublich! Ich hatte keine Ahnung, wo das herkam und dachte zuerst, dass es sich um einen Nitritpeak handelt. Obwohl eigentlich unmöglich, denn Nitrobacter waren ja vorhanden, hab ich also einen Wasserwechsel gemacht (einen kleinen, 20%). Danach habe ich zwecks der Gaudi nochmal gemessen und 0.05 NO² festgestellt, also gleich mal das doppelte. NACH dem Wasserwechsel!

Ich geriet in Panik, was mir in meiner Aquarianerlaufbahn bisher noch nicht passiert ist. Was nun?! Ich hab also mal das Wechselwasser aus der Regentonne gemessen: 1.0 NO². Maximaler Ausschlag. Das Wasser war das pure Gift! Ich hab sogleich einen 80% Wasserwechsel mit Leitungswasser gemacht. Auf GH+KH scheiss ich erstmal. Danach (also jetzt) hab ich wieder 0.025 NO². Ich messe heute abend nochmal, wenn das nicht weniger geworden ist, muss ich nochmal wechseln.

In der Zwischenzeit hab ich mich mal auf Ursachenforschung begeben. Mögliche Ursachen gibt es wenige:

Während eines Gewitters wird der in der Atmosphäre reichlich vorhandene Stickstoff ionisiert und reagiert dann zu Stickstoffdioxyd - Nitrit. Und der kommt dann im Regenwasser gelöst herunter. Erschwerend kam hinzu, dass die Regentonne neu aufgesetzt war. Das heisst, ich hab die am Ende des Winters vollständig gereinigt. Somit war da kein Mulm und nix drin, das das Nitrit eventuell hätte verwursten können. Im Verlauf des Jahres sammelt sich nämlich auf dem Boden der Tonne immer ein gewisses Biotop.

Ein weiterer Faktor ist, dass es hier auf der Insel so selten regnet. Die Tonne stand also schon eine Weile so rum. Tatsächlich handelte es sich noch immer um das erste Regenwasser dieses Jahres. Ganz grosses Kino.

Und der Alptraum wird noch dadurch getoppt, dass ich mir gestern neue Fische besorgt hatte. War völliger Zufall. Dazu muss ich ein bischen ausholen: ich wollte ursprünglich Otocinclus arnoldi für mein neues Becken haben. Ich finde die cool und wegen der Tatsache, dass die in Gesellschaft von Corydoras Paleatus (die ich habe!) ein faszinierendes Verhalten von Mimikri zeigen. Ausserdem vertragen sie Temperaturen ab 18° C. Der Haken war, dass die Tiere nicht zu bekommen sind. Über eine Reihe von erstaunlichen Umwegen bin ich schliesslich bei tropicwater.eu gelandet, die diese Tiere in ihrer Stockliste hatten. Ich habe Kontakt aufgenommen, der auch sehr freundlich war.

Aber wenn man dem Thema "arnoldi" mal hinterher googelt, stellt man schnell fest, dass die Tiere gerne mit irgendwelchen anderen Otocinclen verwechselt werden. Der Händler beschrieb mir seine Tiere und versicherte mir, dass sowol er selbst, als auch andere Spezialisten sich sicher sind, dass es sich um arnoldi handelte. Nur - seine Beschreibung (heller Bauch, schwarzer Seitenstreifen) entspricht nicht der Beschreibung des arnoldi (grau getupft, kein Streifen). Ich hatte ihn dann gebeten, die Tiere selber anschauen zu können, da ich zufällig ganz in der Nähe war. Und ab dem Zeitpunkt habe ich nichts mehr von ihm gehört. Das kann alle möglichen Gründe haben und es bringt nichts da herum zu spekulieren. Aber damit hatte sich das Thema für mich erstmal erledigt. Bevor ich nachher irgendwelche Otocinclen im Becken habe, die meine Temperaturen nicht vertragen, wollte ich lieber gar keine haben.

Ein anderes Kriterium ist die Problematik, dass Otocinclen praktisch ausschliesslich Wildfänge sind. Es ist mir recht erfolgreich gelungen dieses Problem auszublenden. Kognitive Dissonanz at work! An sich bin ich ja vollkommen dagegen, mit dem Kauf von Wildfängen die Reduktion natürlicher Populationen (u.a.) bedrohter Arten zu fördern. Was mich da geritten hat, Gier? Nun ja. Letztlich hab ich es ja gelassen.

Bis ich dann wegen Filterröhren im Futterhaus war und dort eine unbeachtete Fischart entdeckt hab: Otothyropsis piribebuy (ehem. LG2, Erstbeschreibung). Hoppla. Zum Glück kannte ich die ganzen Seiten über Otos schon fast auswendig, so dass ich im Futterhaus nicht gross herumgoogeln musste, was auf dem Handy eh immer eine Qual ist. Schnell fand ich heraus, dass es eigentlich keine Otocinclen sind und dass die sich in Gefangenschaft vermehren. Die Tiere sind keine Wildfänge, vertragen Temperaturen ab 18°C und sind ansonsten mit anderen Otos vergleichbar. Also hab ich sie mitgenommen, und zwar alle (wobei es sich nur um 8 Tiere handelte).

Und weil ich es eben richtig mit denen machen wollte, hab ich mit dem Wassertesten angefangen und so mein Regenwasserproblem aufgedeckt. Glück im Unglück sozusagen. Jetzt schwimmen die Kleinen also erstmal im Altbecken bei den Corys. Sie sind dunkel gefärbt und wuseln hier und da herum, es geht ihnen also augenscheinlich gut. Es wird der Horror, die da rauszukriegen, aber die Sorgen mach ich mir, wenn es soweit ist.

Und natürlich muss ich, wenn die Nitritgeschichte vorbei ist, Garnelen nachbestellen. Im Nachhinein komme ich mir vor wie einer dieser unbelehrbaren Anfänger. Mei. Zumindest hab ich was gelernt: die Wasserwerte vom letzten Jahr müssen nicht notwendigerweise auch in diesem Jahr gelten.

Das Nitrit im Regenwasser wäre übrigens auch eine Erklärung für ein weiteres Phänomen im neuen Becken: ich hab dort ja seit ca 1 Woche grüne Pelzalgen. Schlimm sind die nicht. Aber sie zeigen, es gibt reichlich Nährstoffe im Becken und die Pflanzen assimilieren nicht genug davon - ergo Algen.

Sonst gibts nichts neues zu berichten. Ich hab jetzt Schwimmpflanzen (Muschelblume und Froschbiss) sowie Hornkraut ins Becken getan, um die Entwicklung zu unterstützen, weil ich da nicht allzu viele schnell wachsende Pflanzen drin hab (auch so ein Anfängerfehler!). Emers ist noch einiges dazugekommen. Und auch über Wasser habe ich eine Reihe weiterer grüner Tillandsien und Bromelien hinzugefügt, die ich übrigens bei Bromelien Westermann bestellt habe. Das ist ein in Deutschland lebender niederländischer Gärtner und ich kann den nur dringend empfehlen. Einfach klasse Pflanzen. Der Shop von ihm ist etwas gewöhnungsbedürftig, ich hab u.a. auch eine Bestätigungsmail mit niederländischem Betreff bekommen *g*.

#aquarium

↷ 08.05.2013