DigiProof: Digitales Testament
Ich hatte mir zu dem Thema digitales Erbe ja schon mal vor einiger Zeit Gedanken gemacht. Inzwischen hatte ich die glorreiche Idee, dafür eine Software zu schreiben, mit der man so ein Testament komfortabel anlegen und verwalten kann. Das "glorreich" klingt etwas ironisch, was (leider) Absicht ist.
Am Anfang hatte ich mich gefragt, wie man so eine Software am besten schreiben kann, so dass sie von möglichst vielen Leuten benutzt werden kann. Es gäbe da diverse Varianten, die mir eingefallen sind:
- Als native Binary. Das heisst, z.b. in C++ geschrieben und für diverse Plattformen native übersetzt, also als Linux ELF Binary, Windows Exe oder MacOSX App. Die Schwierigkeit - für mich jedenfalls - dabei ist, ein portables GUI Programm zu schreiben. Ich habe mit native GUIs wenig Erfahrung, am ehesten noch mit Perl-TK, was aber für so ein Projekt nicht in Frage käme. Hinzu kommt, dass es für die diversen Systeme die verschiedensten Installationsmethoden gibt. Da ist man jahrelang am rumfrickeln, bis man wirklich die wichtigsten Plattformen untersützt. Also so eher nicht.
- Als ausfüllbares Dokument. Hier müsste man sich nicht mit irgendwelchen Softwareinstallationen und Portabilität herumschlagen. Allerdings gibt es kein Dokumentenformat, das Formularfelder über alle Plattformen zuverlässig unterstützt. PDF käme dem noch am nähesten, aber unter Unixsystemen ist der Support eher bescheiden. Viel Ahnung hab ich davon auch nicht. Und die Datenpflege in so einem ausgefüllten Formular stelle ich mir auch eher eklig vor. Auch gestrichen.
- Als Webservice. Das klingt zunächst charmant und in dem Bereich habe ich das meiste Knowhow. Charmant ist das aber nur auf den ersten Blick. Denn ein Webservice bedeutet, dass die Zugangsdaten der Accounts, die man da einträgt, auf einem Server im Netz liegen würden. Und da der Benutzer da immer rankommen können muss, muss es am Server entschlüsselbar sein. Das ist alles der reinste Alptraum und gar nicht machbar. Vom NSA Problem mal ganz abgesehen.
- Als lokale Javascript App. Ich verwende ja nach wie vor TiddlyWiki, das ist so eine App. Das ist einfach eine HTML Datei, die man sich auf die lokale Platte packt, lokal via file:/// im Browser öffnet und dort Notizen einträgt. Das funktioniert wunderbar, ist portabel und erfordert beim Benutzer keine grossen Aktionen mit Softwaresetups etc. Das klang für mich nach DER tollen Idee.
Die letze Variante habe ich dann umgesetzt. Ich habe unter Verwendung von ember.js eine Javascript App erstellt, mit der man ein digitales Testament erstellen und ausdrucken kann. Die App funktioniert ganz hervorragend, ich hab sie sogar im IE zum Laufen gekriegt.
Im Lauf der Entwicklung hat sich dann jedoch herausgestellt, dass ich da wohl etwas vorschnell und unüberlegt entschieden hatte. Ein Bekannter hatte die Problematik gut auf den Punkt gebracht: Was? Javascript? Und DA soll ich meine ganzen Zugangsdaten eintragen? NEVER EVER! Und er hatte Recht: klar, lokal im Browser geöffnet kann das Teil theoretisch nicht aufs Internet zugreifen und selbstverständlich habe ich auch nicht so eine Funktionalität eingebaut. Nur wer soll mir das glauben? Angesichts der aktuellen Ereignisse um die NSA ist ja vor allem eines sonnenklar: Vertrauen war einmal. Denn ich hatte eigentlich ursprünglich vor, die Idee zu Geld zu machen, sprich: die Software zu verkaufen oder sowas.
Aus dem Vertrauensproblem ergibt sich zwangsweise, dass ich die Software als OpenSource veröffentlichen muss. Dazu gibt es keine Alternative. Unbeteiligte müssen in der Lage sein, anhand des Source zu beurteilen, ob meine Aussagen über die Software stimmen. Ich kann die Software freilich unter die GPL stellen UND trotzdem dafür Geld verlangen. Ich vermute aber mal ganz vorsichtig, dass das wahrscheinlich kein erwähnenswertes Geschäft werden wird, da sich ja jedermann den Source auch einfach ziehen kann. Und da es Javascript ist, muss man da auch nichts compilieren oder so. Runterladen, im Browser aufmachen, gut ist.
So. Das ist der Stand der Dinge. Ich habe nun also die Ehre, die Software hier an dieser Stelle als BETA zu veröffentlichen. Man kann die vorerst testweise benutzen und ausprobieren, bis ich mir überlegt habe, wie es damit letztlich weitergeht.
Hier ein paar Screenshots von dem Tool:
So sieht der Hauptscreen aus:
Man muss einige persönliche Angaben machen:
Hier wird ein Erbe eingegeben:
Und hier die Eingabe der Daten für einen Account, den zuständigen Erben und was der damit machen soll:
So sieht es nach der Eingabe aus:
Das ist das fertig generierte und ausgedruckte Testament:
Hier auch nochmal als PDF: Beispiel Testament Ausdruck (PDF)
Man kann die Daten verschlüsselt exportieren:
Und natürlich später wieder importieren:
Der Export sieht so aus:
Den Source der aktuellen BETA 2013-09-11-232202 gibt es bei Github.
Hier in Kurzform eine Featureliste:
- in Javascript/HTML/CSS geschrieben, plattformunabhängig
- Daten werden nur temporär und nur lokal gespeichert, es wird nichts irgendwo hochgeladen
- man kann beliebige Accounts anlegen, pro Account die Zugangsdaten, den Erben und was damit zu tun ist
- man kann ausserdem beliebig viele Erben anlegen, pro Erben auch einen Vertreter/Ersatz
- das Anlegen von Erben ist optional, per Default würden dann die normalen Erben Rechtsnachfolger (also die, die durch Testament oder gesetzliche Erbfolge erben)
- das Testament kann man ausdrucken, pro Erbe wird extra ausgegeben, so dass ein Notar jedem Erben getrennte Dokumente aushändigen kann
- man kann die Daten verschlüsselt exportieren (Verschlüsselt mit einem 32fach mit SHA256 Hash aus einem Passwort mit AES256 im CBC Mode, mit einem Authentication MAC SHA512) und später wieder importieren.
- Unterstützung für Mehrsprachigkeit, derzeit deutsch und englisch (orientiert sich nach den Browsereinstellungen), hier mal ein Screenshot mit deutscher Sprache.
Zu guter Letzt ein Hinweis: Benutzung auf eigene Gefahr! Ich übernehme keine Gewähr für entstandene Schäden!